Seit zwei Jahren steht zusätzlich die Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt als Anlaufstelle zur Verfügung.
"Zu uns können Frauen kommen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und die sich entweder für einen Aufenthalt im Frauenhaus entscheiden und dafür Unterstützung benötigen oder aber unabhängig vom Frauenhaus eine Möglichkeit suchen, der Gewalt zu entkommen", erklärt Ilse Gießer, Leiterin des Hauses für Frauen in Not und der Beratungs- und Interventionsstelle.
Um welche Art der Gewalt, der die Frau ausgesetzt ist, es sich handelt, ist dabei unerheblich. Das kann körperliche Gewalt, psychische Gewalt oder ökonomische Gewalt sein. Es geht längst nicht immer um blaue Flecken oder gebrochene Knochen. "Wenn Frauen über Jahre oder Jahrzehnte immer klein und nieder gemacht werden, dann ist das ebenso verletzend", meint Ilse Gießer. "Aus dieser Situation kommt man schwer wieder heraus. Besonders wenn vielleicht noch der Kontakt zu Familie und Freunden unterbunden wird und die Frau am Ende komplett allein da steht. Es kommt auch vor, dass der Frau vom Partner der Zugriff auf Geld komplett verwehrt wird und so eine ökonomische Abhängigkeit erzeugt. Diese Situationen sind dann in der Regel auch für das Umfeld schwer erkennbar."
Angeboten werden unterschiedliche Hilfeleistungen wie Entlastungsgespräche, Orientierungshilfen zur aktuellen Situation und Informationen zum Gewaltschutzgesetz. "Für viele Frauen ist es wichtig, dass ihnen jemand neutral zuhört, sie nicht bedrängt und ihnen sofort eine Entscheidung abverlangt", meint Ilse Gießer. "Für viele unserer Klientinnen ist es schon eine große Hürde, überhaupt von ihrer Situation zu erzählen, nachdem sie oft jahrelang Gewalt ausgesetzt waren." Frauen, die außerhalb des Frauenhauses nach einer Lösung suchen, sind häufig finanziell etwas unabhängiger, verfügen über ein stabileres soziales Netzwerk und sind deshalb in der Lage andere Lösungen zu verfolgen. Auch ältere Frauen kommen häufiger in die Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt. Wenn sich die häusliche Situation zum Beispiel aufgrund von Rente ändert und vielleicht noch gesundheitsbedingte Veränderungen dazu kommen, dann kann sich das Beziehungsgefüge ändern und sich in Gewalthandlungen des Mannes gegen die Frau äußern.
Was die Frauen möchten, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Manche möchten die Situation sofort verlassen, manche möchten nur ein Gespräch und über ihre Rechte aufgeklärt werden. Einige benötigen auch Begleitung zu Terminen bei Polizei, Rechtsanwältin oder Gericht. Einige werden auch an andere Beratungsstellen oder Institutionen weitervermittelt. "Es gibt auch die Möglichkeit eines Näherungs- oder Kontaktverbots und der Wohnungszuweisung", meint Ilse Gießer. "Wenn die Situation für die Polizei wirklich eindeutig ist, wie bei schwerer körperlicher Misshandlung, besteht die Möglichkeit für zwei Wochen den Täter der Wohnung zu verweisen. In diesem Zeitraum hat dann die Betroffene die Möglichkeit diese Maßnahmen bei Gericht zu beantragen. Diese Mittel greifen, sofern der Mann sich an die gesetzlichen Anordnungen hält. Leider kommt es häufiger vor, dass das nicht der Fall ist. Wenn die Befürchtung besteht, dass er die Frau weiter bedroht und ihr nachstellt, müssen andere Lösungen gefunden werden."
Über die unmittelbare Hilfe und Beratung für Frauen ist die Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen und Institutionen wichtig, damit Betroffene zielgerichtet weitervermittelt werden können. Beraterinnen der Interventionsstelle nehmen deshalb am Arbeitskreis Häusliche Gewalt teil und halten Kontakt zum Jugendamt, Hebammen, dem Jobcenter, Kliniken, Fachberatungsstellen und der Polizei. "In Zusammenarbeit mit der Polizei verfolgen wir zum Beispiel einen proaktiven Ansatz", sagt Ilse Gießer. "Die Polizei gibt in Absprache mit der betroffenen Frau ihre Daten an uns weiter, sodass wir Kontakt aufnehmen können. Das kommt inzwischen häufiger vor als noch zu Beginn."