Jahresbericht 2017 der Fachambulanz für Suchtkranke

"Bei einem Suchtkranken sind im Durchschnitt 15 Menschen im Umfeld von der Erkrankung mit betroffen", mein Ulrike Kesternich, Beraterin für Gücksspielsucht in der Fachambulanz für Suchtkranke. "Das sind Familie, Freunde und Kollegen, die ebenfalls Wege für sich finden müssen, mit der Sucht umzugehen." So waren im letzten Jahr dann auch von den 688 Klienten der Fachambulanz 82 (11,9 %) Angehörige, die sich Hilfe gesucht haben.  Im hessenweiten Durchschnitt sind es nur 5-7%. Der überwiegende Anteil der Klienten der Fachambulanz ist au-ßerdem zwischen 30 und 59 Jahre alt, sodass häufig Familien von der Sucht betroffen sind. "Das zeigt, wie hoch der Stellenwert für Beratung von Angehörigen bei uns ist", meint Maria Jox-Doppler, Leiterin der Fachambulanz. "In der Tendenz ist schon abzusehen, dass sich der Trend im Jahr 2018 fortsetzen wird."

Angehörige kommen oft zuerst in die Beratung, noch bevor der von der Sucht betroffene selbst sich Hilfe sucht. "Der Leidensdruck ist sehr hoch", erklärt Maria Jox-Doppler. "Nicht selten häu-fen sich über die Jahre Schulden an, die Arbeitsfähigkeit des Hauptverdieners ist eventuell be-droht, es herrscht Sorge vor Arbeitsplatz- oder Wohnungsverlust. Besonders schlimm ist das für alle Beteiligten, wenn Kinder involviert sind."

Die Angebote für Angehörige reichen von der offenen Sprechstunde, über ein zweimal im Jahr stattfindendes Gruppenangebot bis hin zu Einzelgesprächen, wenn der Betroffene sich für eine Behandlung entschlossen hat. "Unser Ziel ist es, den Angehörigen Grenzen aufzuzeigen", meint Ulrike Kesternich. "Sucht ist zwar eine Erkrankung, dennoch ist der Betroffene erwachsen und für seine Handlungen verantwortlich. Die Angehörigen müssen etwas an der Situation ändern und nicht immer nur Rücksicht nehmen. Sie müssen die Initiative ergreifen und Wege finden, die Situation für sich und eventuell die Kinder zu verbessern. Das muss keine Trennung sein. Getrennte Konten können zum Beispiel ein Weg sein sicherzustellen, dass jeden Monat die Miete und Rechnungen bezahlt sowie Lebensmittel eingekauft werden können und das Geld nicht verspielt oder vertrunken wird."

Der Austausch mit anderen in der Gruppe ist schon eine Erleichterung für die Teilnehmenden, die meist mit Schuldgefühlen belastet sind. Sie merken, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind und erfahren Solidarität von anderen. "Die Angehörigen erfahren in den Gruppen eine Stärkung und haben einen Ort, an den sie mit ihren Ängsten und Nöten kommen können", meint Maria Jox-Doppler.

Die Fachambulanz für Suchtkranke bietet Beratungs- und Behandlungsangebote für erwachse-ne Menschen mit einem problematischen Konsum in Bezug auf Alkohol, Medikamente, Glücks-spiel sowie illegale Drogen an. Im Betreuten Wohnen werden Menschen begleitet, die einen besonders hohen Unterstützungsbedarf haben. Mit dem Selbstkontrolltraining SKOLL  werden Personen erreicht, die für sich den Komplettverzicht auf den Konsum von Suchtmitteln zum ge-genwärtigen Zeitpunkt nicht als Ziel haben, sondern die einen bewussten selbstkontrollierten Umgang mit ihrem Suchtmittelkonsum bzw. ihrem Suchtverhalten für sich erarbeiten und umsetzen wollen.