"Das Fahhrad haben sich schon einige Menschen genauer angesehen", erzählt Cathrin Fehl von der Fachambulanz für Suchtkranke der Caritas. "Mit den aufgeklebten falschen 500-Euro-Scheinen war das ein guter Blickfang. Wegen der Gefahr aufgrund von Corona waren wir in diesem Jahr aufgerufen, die Aktion entsprechend anzupassen und Menschenaufläufe zu vermeiden. Wir hoffen aber, dass doch einige der Passanten zumindest die Info mitgenommen haben, wo sie für sich oder Familie, Freunde und Arbeitskollegen im Bedarfsfall Hilfe holen können."
Glücksspiel ist eine ernsthafte Erkrankung, die den Alltag der Betroffenen dominiert. Die Folgen der Sucht, wie Verschuldung, Auseinanderbrechen von Familien und Suizid(versuche) sind für Betroffene wie Angehörige verheerend. Derzeit haben in Hessen 31.000 Menschen massive Probleme mit Glücksspielen. Dazu kommen zahlreiche Angehörige, die mitbetroffen sind.
Problematisch ist für die Betroffenen, die geplante Zulassung von Online-Glücksspiel. Zusätzlich könnte dies auch jüngere, internetaffine Menschen zur Spielteilnahme animieren.
Eine Klientin der Fachambulanz für Suchtkranke schildert die Folgen, die die Sucht für sie hatte. Inzwischen ist sie "spielfrei", aber nach dem Tod ihres Kindes ist sie langsam immer weiter in die Sucht abgerutscht. "Als ich mein Kind vor dem Tod gepflegt habe, ist darüber mein Geschäft pleite gegangen", erzählt sie. "Ich hatte nichts mehr und bin stattdessen in die Spielhalle gegangen. Sobald ich ein paar Euro in der Hand hatte, habe ich damit gespielt und war danach genauso leer wie vorher. Es war nötig, dass mir jemand ins Gesicht gesagt hat: Du bist krank. Da bin ich dann aufgewacht und habe mir Hilfe geholt." Dazwischen hat sie viele Freunde verloren und hatte manchmal nur 30 Euro für einen ganzen Monat zum Leben. "Ich bin immer nur zum Schlafen nach Hause gegangen", erzählt sie. "Es war mir egal, was ich esse. Ich habe oft gar nicht wahrgenommen, was ich zu mir genommen habe. Ich habe einfach nur vor den Automaten gesessen und die Umdrehungen gezählt. Freunden habe ich abgesagt. Stattdessen war ich bis zu acht Stunden in der Spielhalle." Heute wirkt sie zufrieden mit sich und ihrem Leben und geht offen mit ihrer Sucht um. Auch ihr neuer Chef weiß Bescheid. "Je eher man sich selbst eingesteht, dass man krank ist und Hilfe benötigt, desto besser", appelliert sie an andere Betroffene.
An die Fachambulanz für Suchtkranke können sich nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch deren Angehörige wenden. Wer sich scheut, persönlich Kontakt aufzunehmen, dem steht der Weg über die Onlineberatung offen. Unabhängig davon, welcher Weg gewählt wird, unterliegen die Beraterinnen und Berater der Schweigepflicht.